Portrait: Weltkindernetzwerk

Vier Menschen, eine integrative Idee: Geflüchteten Familien Kinderbetreuung vermitteln, damit die Mütter an Deutschkursen teilnehmen können. Schon hat man das Weltkindernetzwerk. Wir haben die Menschen hinter dem Projekt getroffen und mit ihnen über ihre Idee und ihren Antrieb gesprochen.

Vielfalt (vor-)leben

Christina. Ayman. Myriam und Ibrahim. Sie alle wollen geflüchteten Familien beim Ankommen in einem neuen Land und bei der Integration helfen. Die Namen lassen es schon vermuten: Hier wird Diversität nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt. Das ist ihnen besonders wichtig: „Am Anfang waren wir eine rein österreichische Frauengruppe. Ich kann allen, die eine Initiative in dem Bereich gründen wollen, raten, Diversität ins Team selber reinzubringen. Nicht diese „Wir-Die“-Mentalität. Es gibt beispielsweise sehr viele Leute aus Syrien, die sich engagieren wollen, die gerne was im sozialen Bereich machen würden. Da kann man sich schnell vernetzen und Connections aufbauen,“ verrät uns Christina. Genau das haben sie auch gemacht. Christina und Myriam sind die Gründerinnen des Weltkindernetzwerks. Ayman und Ibrahim, beide aus Syrien, sind das Sprachrohr zur Community und bereichern seit Neuestem das Team. Sie informieren, klären auf und vermitteln zwischen den Familien und dem Weltkindernetzwerk.

Vom Weltkindergarten zum Weltkindernetzwerk

Ein Weltkindergarten. Das war die ursprüngliche Idee von Christina, die den Stein ins Rollen gebracht hat. Er war das Produkt der ersten Workshoprunde des Social Impact Awards. Gemeinsam mit vier anderen Mädels hat sie dann an ihrer Idee gefeilt: Geflüchtete Frauen sollten im Weltkindergarten zu Kindergartenassistentinnen ausgebildet werden. Ein Übungskindergarten sozusagen, wo die Kinder der Frauen auch mit österreichischen Kindern in Kontakt kommen. Doch die Entwicklungsphase und Gespräche mit Betroffenen haben gezeigt, dass es, um Deutsch auf einem B1-Niveau zu können, was Voraussetzung wäre, einiges an Zeit braucht. Außerdem ist die Nachfrage an Kindergartenassistentinnen gering. Das pragmatische und motivierte Team passt das Konzept also kurzerhand an. Das Ergebnis: Das Weltkindernetzwerk.

Ibrahim, Christina, Myriam und Ayman sind das Team hinter dem Weltkindernetzwerk

Spielerisch im neuen Land ankommen

Jeder, der Kinder hat, kennt es: Eine gute Kinderbetreuung zu finden ist zeit- und kostenintensiv. Ist man noch dazu in einem neuen Land, dessen Sprache man noch nicht spricht, wird es natürlich komplizierter. Das hat auch das Weltkindernetzwerk erkannt. Die grundlegende Problematik: Meist sind städtische Kinderkrippen an eine Erwerbstätigkeit gebunden und private Institutionen für geflüchtete Familien schlicht und einfach nicht leistbar. Oft verzichten Mütter dann auf ihre Deutschkurse und bleiben zu Hause bei den Kindern. Sprache ist der Schlüssel zum Einfinden in einem neuen Land und so verzögert sich der Integrationsprozess. Das will das Team des Weltkindernetzwerks ändern. Die Lösung: Kinder von geflüchteten Familien werden an Tagesmütter vermittelt. Die Vorteile liegen auf der Hand, denn Tagesmütter betreuen meist eine kleine Gruppe an Kindern und können so noch intensiver auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen. Diese lernen dann mit vielen neuen deutschsprachigen Freunden und Freundinnen spielerisch die Sprache. Mit der Idee stauben die Damen des Weltkindernetzwerkes auch gleich den Social Impact Award ab, bauen ihre Homepage und versuchen Kontakt zu den Familien aufzubauen.

Unkomplizierte und direkte Kommunikation als Schlüssel zum Erfolg

Hier stoßen sie jedoch gleich auf ein Hindernis, denn der fehlende Zugang zur Community, gepaart mit sprachlichen Barrieren, bremst sie in ihrem Vorhaben ein. Hier kommen die beiden Herren ins Spiel, die uns mit einem schelmischen Grinsen gegenübersitzen. Ayman und Ibrahim helfen den beiden Damen im Team nämlich, die Idee an die „Frau“ zu bringen. Sie erzählen in der Community davon, stellen Kontakt her und vermitteln zwischen den Familien und den Gründerinnen. Die Kommunikation findet hier niederschwellig und unkompliziert statt. Kommuniziert wird per WhatsApp, E-Mail, telefonisch oder persönlich. Die größte Aufgabe hier ist die Skepsis vor dem System der Tagesmütter, da die Idee der Tagesmutter vielen Familien unbekannt ist. Das Team des Weltkindernetzwerks klärt hier auf und begleitet die Familien bei jedem Schritt.

Step by step, day by day

Hat eine Familie Interesse daran, ihr Kind zu einer Tagesmutter zu geben, wird nach einem Erstgespräch die passende Tagesmutter gesucht. Das ist oft herausfordernder als gedacht. Oft ist es schwer, Zeiten, Bedürfnisse und Kosten unter einen Hut zu bringen. Aber wo ein Wille, da ein Weg. Momentan betreut das Team eine Familie. Doch bei der soll es nicht bleiben. „Die Hoffnung wäre noch zwei weitere Familien bis Herbst vermitteln zu können und dann daraus unsere Erfahrung zu ziehen. Natürlich lernt man durch den Kennenlernprozess mit den Familien dazu, was man verändern müsste oder könnte.“ Genau in dieser Phase befindet sich das Team des Weltkindernetzwerks gerade und tüftelt bereits an weiteren Ideen.

Eines merkt man im Laufe des Interviews schnell: Hier sitzen vier Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebensläufen, die motiviert sind, die Welt ein klein bisschen besser zu machen. Klingt kitschig, ist aber so. Denn durch ihre Bemühungen schieben sie den Startpunkt der Integration der geflüchteten Familien ein bis zwei Jahre nach vorne. Und Wien ist nur der Anfang. Erstmal wollen sie ihr Netzwerk etablieren, doch the Sky is the limit. Oder so ähnlich. So idealistisch ihre Ziele sind, so realistisch blickt das Team auf das Projekt. „Ich glaube, realistisch zu sein ist das Wichtigste, sonst ist man nur frustriert. Die Erwartungen werden oft nicht so erfüllt, wie man es sich wünscht. Natürlich würde man gerne die ganze Welt verbessern – es ist aber wichtig, sich kleine Ziele zu stecken“ erzählt uns Myriam. Wir wünschen ihnen auf jeden Fall viel Erfolg und sind gespannt, was sie Zukunft bringt.

 

Mehr Infos gibt’s beim Weltkindernetzwerk direkt auf der Homepage oder auf Facebook.

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