Portrait: Catherine Ebser

Bunt, schrill und ausgefallen – so lichtet die Fotografin Catherine Ebser ihre Models ab. Das Besondere? Die Models vor der Kamera sind alle jenseits der 60. Genau das macht die Bilder zu etwas Besonderem. Wie die Fotografin auf die Idee gekommen ist und was die persönlichen Geschichten, die sie bei Shootings hört, in ihr auslösen, hat sie uns im Interview verraten. 

Schrille Omas braucht das Land

Ältere Damen in Regenbogenfarben-Rock, schrillen Accessoires und kecken Posen. Willkommen in der Welt von „Altmodisch“. Wenn Catherine Ebser über ihr Fotoprojekt spricht, strahlt sie bis über beide Ohren. Die Fotografin hat es sich zur Aufgabe gemacht, ältere Damen und Herren vor die Linse zu holen und einmal ganz anders in Szene zu setzen. Das Ergebnis: herrlich lebens- und farbenfrohe Portraits. Begonnen hat alles im Sommer 2016. Da hat nämlich die erste Fotosession von Catherine stattgefunden, im Altenheim, in dem ihre Mama gearbeitet hat. Hat die Fotografin damals noch gedacht, dass eine Handvoll Interessierte kommen würden, wurde sie schnell eines Besseren belehrt. Denn am Ende waren es siebzig Personen, die sich unbedingt von ihr ablichten lassen wollten. Als krönender Abschluss wurden die ausdrucksstarken Portraits dann im ganzen Haus aufgehängt – dort hängen sie übrigens heute immer noch. „Das war das erste Mal, dass ich mir gedacht habe, es ist nicht nur ein Foto – es bewegt mehr und es sind mehr Menschen involviert – das Model und die Angehörigen haben Spaß und Freude daran“, klärt die Fotografin auf.

Bilder, die berühren und unter die Haut gehen

Auf die erste Fotosession folgten viele weitere und im Frühling 2017 fand im Werksalon die erste Ausstellung statt. Diese ist gleich auf großes Interesse gestoßen und die ersten Anfragen von Bezirkszeitungen trudelten ein. „Offensichtlich ist es etwas, das Leute berührt und das sie haben wollen.“ Doch warum eigentlich ungewöhnlich? Ältere Menschen gehören zu unserer Gesellschaft einfach dazu, das findet auch die Projektgründerin. Doch mit zunehmendem Alter werden wir in der Gesellschaft unsichtbarer, wie sie uns erklärt. Das will sie ändern. Nach den ersten erfolgreichen Schritten war ihr klar: „Das Kind braucht einen Namen. Altmodisch – das ist eine gute Geschichte, denn es ist alt und modisch. Das hat einfach das Ganze rund gemacht.“ Seitdem erobert sie so manches Altenheim mit ihrem Charme und Witz. Bei jedem ihrer Worte merkt man, dass Catherine Ebser für ihr Projekt brennt und sie die Reaktionen sowohl der Models als auch der Angehörigen antreiben. Es ist nicht  nur einmal passiert, dass sich die Fotografierten bedankten und sagten, dass sie noch nie so ein schönes Foto von sich hatten und schon lange nicht mehr so toll angezogen waren.

Zaubersalz fürs Leben

Denn Catherine Ebser kommt nicht nur mit ihrer Kamera, sondern hat auch noch einen „Zauberkoffer“ dabei. Darin verstecken sich Kleider, Schals und so manches schrille Accessoire. Im Koffer können die Damen und Herren nach Herzenslust stöbern und einmal etwas ganz Neues ausprobieren. Und das lassen sich die meisten nicht zwei Mal sagen. Mit einem Lächeln erzählt Catherine Ebser von den Reaktionen der Damen und hält fest, dass viele nur noch wenig im Kasten haben und sich freuen, wenn sie sich wieder einmal richtig rausputzen können. „Wir haben eine Riesenhetz“, sagt sie mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Und das glaubt man sofort, wenn man die Bilder der Fotografin betrachtet. Selbstbewusster Blick, starke Haltung – die Bilder tun nicht nur der Seele gut, sondern haben auch einen Effekt auf die Körperlichkeit der Models, ist sie sich sicher. Sind manche Models am Anfang noch ein bisschen schüchtern, sieht die Fotografin, wie sie im Laufe des Shootings immer mehr aufblühen und mit jedem Klick selbstbewusster werden – dann kommen die Posen wie von selbst. Als „ein bisschen Zaubersalz fürs Leben“, beschreibt die Fotografin diese Momente.

Das Leben in vollen Zügen auskosten

„Ich hatte einmal eine Dame, die meinte: Wissen Sie, ich werd‘ nicht 100 werden, ich muss 200 werden, weil ich hab so viel zu tun und hab noch so viel vor, das geht sich in 100 Jahren nicht aus“, berichtet Catherine von einer Dame, die ihr besonders im Gedächtnis geblieben ist. Denn eines ist klar: In einem Shooting lernt man nicht nur die optischen Schokoladenseiten seiner Models kennen, sondern man hört auch viele Lebensgeschichten. Das lässt einen natürlich nicht kalt. „Es gibt mir unglaublich viel, deswegen mach ich es auch weiter. Es gibt mir so viel an Geschichten und ein gutes Gefühl, dass ich wiederum jemandem anderen ein schönes Gefühl bereitet habe, dass ich mir denke: Davon will ich mehr. Es ist fast schon egoistisch – es tut mir auch wahnsinnig gut, zuzuhören und daran zu wachsen. Es sind so viele Leute, die vielleicht Gutes und Schlechtes in ihrem Leben erlebt haben und mit so einer Kleinigkeit kann man sie so begeistern, das gefällt mir unglaublich gut“, erzählt die Fotografin strahlend. Die größte Belohnung ist dann, wenn sie die überraschten und begeisterten Blicke sieht, wenn sie die Bilder dann herzeigt.

Ältere Damen und Herren sichtbar machen

Doch warum startet man so ein ambitioniertes Projekt und richtet die Scheinwerfer auf eine Gesellschaftsgruppe, die immer mehr im Abseits steht? Persönliches Interesse? Gesellschaftlicher Auftrag? „Der gesellschaftspolitische Aspekt ist tatsächlich eine Sache, warum ich es angefangen habe. Ich will Geschichten, alte Leute in geilen Outfits und Falten sehen und außergewöhnliche Augenblicke und Momente erzeugen“, schießt es wie aus der Pistole aus Catherine heraus. Doch neben all den freudvollen Momenten, die perfektionistische Fotografin kann auch ungeduldig werden, vor allem, wenn es um die Entwicklung des Projekts geht. „Es ist immer so eine Sache, ich hätte natürlich gerne, dass es mehr Shootings gibt, es besser läuft und ich nur von dem leben kann, damit ich noch mehr Energie reinstecken und es schaffen kann“, aber dann holt sie sich selbst wieder runter und sagt reflektiert „Lieber am Marathon arbeiten und nicht an der Kurzstrecke.“

Wer jetzt die Bilder von Catherine Ebser sehen will, der sollte auf ihrer Website, auf Facebook oder Instagram vorbeischauen!

 

 

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