Portrait: Ayten Pacariz

Ayten Pacariz trifft man selten ohne ein Lächeln auf den Lippen an. Grund zu lächeln hat sie, leitet sie doch seit dem Jahr 2014 das Projekt NACHBARINNEN, das es sich zum Ziel gemacht hat, isoliert lebende Familien bei der Integration in die Gesellschaft zu unterstützen.

Vor acht Jahren suchten die Ärztin Christine Scholten und die Sozialarbeiterin Renate Schnee Frauen, die sie dabei unterstützen, isoliert lebende Familien mit ihrem Angebot zu erreichen. „Die beiden sind damals auf die Suche nach Frauen gegangen, die in beiden Welten zu Hause sind. Frauen, die sich in den eigenen Traditionen und Kulturen auskennen, aber auch hier in Wien und Österreich schon viel gelernt haben“, erinnert sich die Projektleiterin an die Anfänge. Gefunden haben sie unter anderem Ayten Pacariz, die mit fünfzehn weiteren Frauen zur Sozialassistentin ausgebildet wurde. Seitdem haben sich die NACHBARINNEN zu einer wichtigen Anlaufstelle für zurückgezogen lebende migrantische und geflüchtete Familien in Wien entwickelt.

„Wir versuchen die Familien dort abzuholen, wo sie gerade stehen, damit der Weg auch erreichbar ist“, erklärt die Projektleiterin das Ziel ihrer Arbeit. In der Praxis bedeutet das, dass die NACHBARINNEN mit allen Familienmitgliedern gemeinsam einen Plan erarbeiten, damit diese aus der sozialen Schieflage wieder herauskommen. Es werden Ziele gesetzt, die die Familie erreichen will, und in einem Zeitraum von drei bis vier Monaten kommt die NACHBARIN einmal pro Woche zu Hause vorbei. Von Amtsbesuchen und dem Organisieren von Nachhilfe bis hin zu Elterntischen mit anderen Familien oder Fachvorträgen – in der Zeit findet ein intensiver Austausch mit dem gesamten Netzwerk statt, unter besonderer Berücksichtigung der Kinder. Das Besondere an ihrem Angebot? Die Beratungen werden in der Landessprache der Familie durchgeführt, momentan in Arabisch, Dari/Farsi, Tschetschenisch, Somali und Türkisch. Ein wichtiger Schlüsselfaktor für das Gelingen des Projekts, wie Ayten Pacariz überzeugt erzählt. Wichtig in ihrer Arbeit ist vor allem die Verbindung des interkulturellen Wissens der Frauen mit ihrem Fachwissen in der Sozialen Arbeit – das schafft Vertrauen und fördert den Fortschritt.

Copyright: Jolly Schwarz – https://www.facebook.com/JollySchwarzPhotography

In der Zusammenarbeit geht es vor allem um das Empowerment der Frau, wie die Projektleiterin ausführt. „Es geht darum, dass man die Mütter stützt und ihnen Halt gibt. Wir sprechen über die Perspektiven der Frauen und zeigen ihnen Möglichkeiten auf, damit sie stark genug sind, um auf eigenen Beinen zu stehen, auch wenn es mal Probleme gibt.“ Dafür sind persönliche und ehrliche Gespräche auf Augenhöhe ein Muss. „Es wird von den Familien, die hier ankommen, erwartet, dass sie sofort funktionieren – und das kann nicht funktionieren. In Österreich wird sofort Leistung erwartet, wo keine Leistung möglich ist“, berichtet sie über die Herausforderung und den Integrationsdruck, der auf vielen Familien liegt, und setzt nach: „Frauen haben viel Energie, man muss sie nur machen lassen und Möglichkeiten schaffen, dass sie auch mit wenig Deutschkenntnissen etwas machen dürfen.“ Dafür muss es vor allem individuelle Lösungen geben, ist sie überzeugt. Mit der Zusammenarbeit beginnt dann ein Neustart für die Familien. Dabei ist es den NACHBARINNEN besonders wichtig, keine Abhängigkeiten zu schaffen und dass die Familien die gemeinsame Zeit gut nutzen. Gemeinsam werden notwendige Schritte initiiert und das hat eine integrationsfördernde Wirkung, wie die Projektleiterin berichtet. „Es ist ein Prozess, der Zeit braucht. Integration geht nicht von heute auf morgen“, betont Ayten Pacariz.

„Das Erfüllende ist, dass es eine sinnstiftende Arbeit ist. Man sieht, dass man mit den Menschen auch etwas erreichen kann, wenn man sich mit ihnen beschäftigt“

Für sie selbst war der Beginn bei den NACHBARINNEN auch ein Wendepunkt in ihrem Leben, wie sie lächelnd berichtet. „Ich war immer im Finanzbereich tätig und habe eine Arbeit gemacht, die mir keinen Spaß bereitet hat. In der Karenz habe ich mir überlegt, dass es doch auch etwas anderes geben muss, wofür ich brenne.“ Dann kamen die NACHBARINNEN und waren auch für sie ein Neustart. Mittlerweile ist Ayten Pacariz für die operative Planung und die Vernetzungen zuständig und leitet die wöchentlichen Meetings. „Das Erfüllende ist, dass es eine sinnstiftende Arbeit ist. Man sieht, dass man mit den Menschen auch etwas erreichen kann, wenn man sich mit ihnen beschäftigt“, führt sie weiter aus. Und dann lächelt sie wieder und man glaubt ihr jedes Wort.

Mehr Informationen zu den NACHBARINNEN gibt es online! 

Fotocredits: Jolly Schwarz

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